Quantcast
Channel: Rechtslupe » Einstellungsfragen
Viewing all articles
Browse latest Browse all 4

Einstellungsgespräch für angehende Lehrer

$
0
0

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Art. 33 Abs. 2 GG knüpft die Einstellung von Bewerbern um ein öffentliches Amt damit an besondere Anforderungen. Die Norm vermittelt keinen Anspruch auf Übernahme in ein Beamtenverhältnis. Aus ihr folgt jedoch ein Anspruch des Einzelnen auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung um ein öffentliches Amt.

Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Dabei zielt die Befähigung auf allgemein der Tätigkeit zugutekommende Fähigkeiten wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung. Fachliche Leistung bedeutet Fachwissen, Fachkönnen und Bewährung im Fach. Eignung im engeren Sinne erfasst insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind. Insbesondere dann, wenn mangels dienstlicher Beurteilungen keine anderen aussagekräftigen Erkenntnisquellen vorhanden sind, kann die Beurteilung gerade der persönlichen Eignung von Bewerbern anhand eines Vorstellungsgesprächs vorgenommen werden. Auszuwählen ist der Bewerber, von dem der Dienstherr im Rahmen einer Prognose erwarten darf, dass er in der Zukunft den Anforderungen des konkret zu besetzenden Amtes am besten entspricht. Der dabei in Ausfüllung der Begriffe „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung” dem Dienstherrn eröffnete Beurteilungsspielraum unterliegt schon von Verfassungs wegen einer nur begrenzten gerichtlichen Kontrolle.

Ein Auswahlgespräch ist ein legitimes Mittel zur Vergewisserung über die persönliche Eignung der Einstellungsbewerberin. Der Dienstherr darf sich gerade dort mittels eines Vorstellungsgesprächs ein Bild über die persönliche Eignung des Bewerbers machen, wo er – wie in der hier fraglichen Einstellungssituation – nicht auf dienstliche Beurteilungen oder sonstige eigene Einschätzungen zurückgreifen könne. Aus der Tatsache, dass die Einstellungsbewerberin beide Staatsexamina für den Lehrerberuf bestanden hat, folgt für sich genommen keine verfassungsmäßige Pflicht der Behörde, die Einstellungsbewerberin für persönlich geeignet zu befinden und sie zu einem konkreten Termin einzustellen.

Im vorliegenden Fall war das Einstellungsgespräch gerade auf eine solche Überprüfung der persönlichen Eignung und nicht etwa der fachlichen Leistung der Einstellungsbewerberin gerichtet. Das Protokoll zum Auswahlgespräch nennt ausdrücklich die mangelnden sprachlich-kommunikativen Möglichkeiten der Einstellungsbewerberin als Grund für die Feststellung der Nichteignung und stützt sich somit auf die intellektuellen Fähigkeiten der Einstellungsbewerberin, die zu den persönlichen Eignungsmerkmalen gehörten. Die Auffassung, dass im Rahmen eines Auswahlgesprächs, welches die persönliche Eignung des Bewerbers untersucht, auch fachspezifische Fragen gestellt werden dürfen, ist aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht zu beanstanden. Es dient dem Grundsatz der Bestenauslese, wenn auf Grundlage fachspezifischer Fragen die intellektuellen Fähigkeiten im Rahmen eines Auswahlgesprächs überprüft werden.

Auch der Runderlass des Kultusministeriums führt nicht dazu, dass die Verneinung der persönlichen Eignung der Einstellungsbewerberin auf Grundlage des Einstellungsgesprächs für verfassungswidrig gehalten werden muss. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat den Runderlass so ausgelegt, dass an die Staatsexamina lediglich eine Vermutung für die persönliche Eignung von Bewerbern geknüpft werde, welche zumindest in Ausnahmefällen durch das Einstellungsgespräch widerlegt werden könne. Diese Auslegung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Runderlass kann die Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG bei der Einstellungsentscheidung nicht abbedingen und der einstellenden Behörde auch nicht die Möglichkeit nehmen, sich über deren tatsächliches Vorliegen zu vergewissern. Er trifft mit dem Abstellen auf die Staatsexamina eine Regelung für den Normalfall, welcher über Art. 3 Abs. 1 GG auch mittelbare Außenwirkung zukommen mag. Verwaltungsvorschriften schließen jedoch auch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz Abweichungen in Ausnahmefällen nicht aus. Die laut Auswahlvermerk fehlende Fähigkeit der Einstellungsbewerberin, die im Vorstellungsgespräch gestellten Fragen und Aufgaben in ihren Antworten aufzunehmen, kann einen solchen Ausnahmefall darstellen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 4

Latest Images

Trending Articles





Latest Images